Winterdepression

Was ist SAD und was ist Winter-Blues?

Dr. Nimmerrichter: Wenn die Tage kürzer werden und es früher dunkel wird, wenn es draußen stürmt und regnet, schlägt der Lichtmangel vielen Menschen aufs Gemüt. Dauert der lustlose, niedergeschlagene Zustand länger als zwei Wochen an, spricht man von einer saisonal abhängigen Depression (SAD oder Winterdepression). Betroffene leiden unter Niedergeschlagenheit, Lustlosigkeit, Erschöpfungszuständen und haben nicht selten Heißhunger auf Süßigkeiten und andere Kohlehydrate (die auch mit der entsprechenden Gewichtszunahme einhergehen kann). Sie ziehen sich häufig von Freunden und Partnern zurück.

Mildere Formen der Erkrankung werden subsyndromales SAD (S-SAD) oder auch Winter-Blues genannt. Aber auch diese mildere Form der Erkrankung – wegen der meist kein Arzt aufgesucht wird -bedeutet dennoch eine deutliche Einschränkung der Lebensqualität der Betroffenen.

Wie häufig kommt SAD in unseren Breiten vor?

Dr. Nimmerrichter: Aktuelle Statistiken belegen dass rund 2% der Bevölkerung in Nordeuropa stark unter SAD und ca. 10% unter der milderen Verlaufsform – dem Winter-Blues – leidet. Untersuchungen haben gezeigt, dass SAD umso häufiger vorkommt, je weiter man vom Äquator entfernt ist, ausgenommen dort, wo Schnee auch in tieferen Lagen vorkommt. Es leiden mehr Frauen als Männer unter SAD. Prinzipiell können aber sowohl Kinder als auch Erwachsene betroffen sein.

Ursache von SAD

Dr. Nimmerrichter: Bereits seit dem Altertum ist die heilende Wirkung des Lichtes auf den gesamten Körper und die Psyche bekannt. Heute weiß man, dass Licht ein wichtiger biologischer Zeitgeber für den Organismus ist. Unsere biologische Uhr regelt die meisten unserer Körperfunktionen: Müdigkeit, Hunger und Hormonproduktion.

Auslöser für alle Formen saisonal abhängiger Stimmungsschwankungen ist in der Regel Lichtmangel, der in den Herbst- und Wintermonaten vorherrscht. Die kürzer werdenden Tage signalisieren dem Körper einen veränderten Tag-Nachtrhythmus. Hormone und Botenstoffe im Gehirn geraten durcheinander und können zu schweren Stimmungsschwankungen führen. Die Symptome verschwinden typischerweise wieder im Frühjahr.

Was bewirkt Licht im Gehirn?

Dr. Nimmerrichter: Licht wirkt auf diese biologische Uhr, indem es über die Netzhaut aufgenommen und dann in elektrische Impulse umgewandelt wird und schließlich zu einer Gehirnstruktur gelangt, die als Nucleus suprachiasmaticus (SCN) bezeichnet wird und als biologische Uhr des Körpers gilt. Diese übermittelt den Rhythmus von Licht und Dunkel (Schlaf-Wach-Rhythmus) zu verschiedenen Teilen des Gehirns, die für die Steuerung unterschiedlichster Funktionen verantwortlich sind. Eine dieser Verbindungen reicht in die Zirbeldrüse, die nachts in einem vom Nucleus suprachiasmaticus erzeugten Rhythmus das Hormon Melatonin ausschüttet. Licht unterdrückt die Ausschüttung von Melatonin, das auch als depressionsauslösend gilt.
Aber auch andere Gehirngebiete werden vom täglichen Rhythmus aus Licht und Dunkelheit beeinflusst. Der Hypothalamus ist ein wichtiges Steuerzentrum des vegetativen Nervensystems (also des Teiles des Nervensystems, das nicht unserem Willen unterworfen ist) und sorgt dafür, dass unser Organismus mit der externen Welt im Gleichgewicht bleibt. Von hier aus werden lebenswichtige Funktionen wie Körpertemperatur, Blutdruck, Ess- und Trinkverhalten, Schlaf-Wachrhythmus und sexuelles Verlangen und Stimmung gesteuert. Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass dies genau die Körperfunktionen sind, die bei depressiven Patienten durcheinander geraten. Die Hypothese, dass bei depressiven Patienten eine biochemische Anomalie im Hypothalamus vorliegt, ist also sehr plausibel.
Bei saisonabhängigen Depressionen tritt diese Anomalie zutage, sobald es an natürlichem Licht mangelt.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Dr. Nimmerrichter: Ursache für die Probleme ist das fehlende helle Licht. Die Behandlung besteht deswegen auch darin, sich nach Möglichkeit jeden Tag im hellen Licht aufzuhalten. Man kann an sonnigen Tagen Ski fahren oder aber sich in sonnigen Gebieten aufhalten. Dies führt erfahrungsgemäß zu einer deutlichen Linderung der Beschwerden.

Wenn dies aber nicht möglich ist, hilft Lichttherapie. Dazu wird den meisten Patienten eine 30-minütige Behandlung mit Licht – in einer Intensität wie sie einem sonnigen Frühlingstag entspricht -empfohlen.
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